USA/Großbritannien 2015
Regie: Thomas Vinterberg
Darsteller: Carey Mulligan, Matthias Schoenaerts, Michael Sheen, Tom Sturridge
Der erste Kostümfilm von Ex-Dogmatiker Thomas Vinterberg ist ein erlesenes Liebesdrama aus dem Viktorianischen England.
John Schlesingers "Die Herrin von Thornhill" nahm sich über zweieinhalb Stunden Zeit für die Adaption von Thomas Hardys Roman, der Däne Vinterberg ("Die Jagd") stemmt sie in 119 Minuten. Der Reduktion fallen Nebenschauplätze und Figurenvertiefungen zum Opfer, doch die Essenz dieses romantischen Vierecks und das Porträt einer Zeit, in der Beziehungen von Vernunft und Kalkül gestiftet wurden, bleiben erhalten in dieser rauschhaft bebilderten und vertonten Lovestory.
Vinterberg und sein britischer Drehbuchautor David Nicholls halten sich eng an die Vorlage - im Entwurf des Plots wie auch der Einbindung berühmter Szenen, die Persönlichkeit und Gefühlzustand beschreiben. Der sinnliche Liegeritt Bathshebas (Carey Mulligan) durch die Wälder Südenglands, die mit tief liegenden Ästen nach ihr zu greifen scheinen, findet sich hier genauso wie das Säbelvorspiel des Soldaten Troy, der die Festung der Heldin, die ein Leben frei von männlichen Steuerungsversuchen führen will, zum Einsturz bringen wird. Die stolze Bathsheba, die von ihrem Onkel ein Gut geerbt hat, wird ihren Verführer heiraten - ein Akt der Impulsivität und Naivität, mit dem sie die Männer brüskiert, die sie wirklich lieben: den spröden Gutsherrn Boldwood (Michael Sheen), vor allem aber ihren Verwalter und Ratgeber Gabriel (Matthias Schoenaerts), der trotz Zurückweisung Bathshebas mit stiller Würde über sie wacht.
"Am grünen Rand der Welt" verbindet eine Zeitreise in ein Universum, in dem Beziehungen mit Besitzaufzählung eröffnet wurden und Männer das Leben von Frauen formten, mit der Geschichte einer Liebe, die nie als solche deklariert wird. Vieles vermittelt sich über Blicke, die mehr wagen dürfen als Worte, über Nahaufnahmen, aber auch spektakuläre Landschaftstableaus, die nie stilisiert, sondern natürlich wirken. Vinterbergs Adaption präsentiert sich sanfter als der berühmte Vorgänger von 1967, der Arroganz bei Bathsheba und Troy stärker betonte. Mulligan wirkt lieblicher, weniger streng, auch etwas kindlicher als Julie Christie, während Schoenaerts als stille maskuline Attraktion Alan Bates fast vergessen lässt. Da spielt es auch keine Rolle, dass Tom Sturridge als Troy Terence Stamp nicht das Wasser reichen kann. Da ist man schon gefangen von der zentralen Lovestory, die trotz großer Tragik optimistisch endet. kob.
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