Frankreich, Belgien 2013
Regie: Martin Provost
Darsteller: Emmanuelle Devos, Sandrine Kiberlain, Olivier Gourmet, Catherine Hiegel, Jacques Bonaffé, Olivier Py
139 Minuten
Emmanuelle Devos – auch sie in Deutschland bislang noch wenig bekannt, zuletzt sah man sie 2010 in Alain Resnais’ „Vorsicht Sehnsucht“ – neigt in ihrer Rolle der mitunter störrischen und eigensinnigen Violette Leduc, einer unehelich geborenen Frau aus einfachen Verhältnissen, manchmal auch zu verbaler Aggressivität. Fasziniert von einem Buch von Simone de Beauvoir sucht sie kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Paris auf schüchtern verstohlene Weise den Kontakt zu ihrem Idol. Beauvoir ermutigt die lange Zeit mit Lebensmitteln auf dem Tauschmarkt handelnde Violette (einmal schenkt sie de Beauvoir Foie Gras und Camembert), ihre Gefühle zu Papier zu bringen, stellt den Kontakt zu Größen wie Albert Camus, Jean Genet und Jean-Paul Sartre her. Einen weiteren Förderer findet Leduc aber im homosexuellen Industriellen Jacques Guérin (Olivier Gourmet). Groß ist die Enttäuschung bei Leduc, als die selbstbewusst von Sandrine Kiberlain gespielte Simone de Beauvoir sie weniger als ihre Freundin bezeichnet, sondern vielmehr als „eine Aufgabe“, die es um der Literatur willen zu fördern gelte. Leduc hingegen hatte Simone de Beauvoir nicht nur als feministische Schriftstellerin und wegen ihres Intellekts bewundert, sondern sie auch in sexueller Hinsicht angehimmelt.
Wie de Beauvoir war auch Leduc eine Pionierin, die unverhohlen über persönliche und intime Erlebnisse und Gefühle schrieb. Mit dem Unterschied allerdings, dass es ihr nie gelang, den Blick auf sich selbst zu ändern. Martin Provost skizziert nicht nur nach das entbehrungsreiche Leben seiner von Armut und persönlicher Unzufriedenheit getriebenen Protagonistin nach, er findet auch einen Ausweg aus der das Leiden bebildernden Tristesse. Indem er den Spuren seiner Hauptfigur folgt, landet er zwangsläufig in der Provence, wo zum Ende hin die Sonne scheint – auch für Leduc und ihr autobiografisches Buch „Der Bastard“.
Thomas Volkmann
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