Großbritannien 2013
Regie: Oliver Hirschbiegel
Darsteller: Naomi Watts, Naveen Andrews, Douglas Hodge, Geraldine James, Charles Edwards, Cas Anvar, Juliet Stevenson u.a.
113 Minuten
Den Stoff, aus dem dieser Film gemacht ist, hat Oliver Hirschbiegel nicht gesucht, der Stoff hat ihn gefunden. Wohl auch, weil er mit „Der Untergang“ 2004 schon einmal einen vielgelobten Film über eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens und deren letzte Tage vorgelegt hat. Was Hirschbiegel letztlich an Stephen Jeffreys Drehbuch, welches wiederum auf Kate Snells Buch „Diana: Her last love“ basiert, gefallen hat, war der Blick auf eine klassische romantische Liebesgeschichte, wie sie immer wieder auch im Kino der 50er bis 70er Jahre erzählt wurde. Ein Genre, das laut Oliver Hirschbiegel von der Bildfläche verschwunden ist.
Warum eine solche Geschichte also erfinden, wenn sie schon existiert? Kompliziert wird’s eigentlich erst damit, dass der britisch-pakistanische Herzchirurg Dr. Hasnat Khan, mit dem Diana nach ihrer Trennung von Prinz Charles und etwa zwei Jahre vor ihrem plötzlichen Unfalltod in Paris eine Romanze begann, sich von der Darstellung der im Film nun nacherzählten Ereignisse distanziert hat und sie als Klatsch und Tratsch von Leuten, die keine Ahnung von der tatsächlichen Art der Beziehung zwischen den in ihrer sozialen Kompetenz an der Linderung menschlichen Leids interessierten Seelenverwandten hatten, abtat.
Wie auch immer. Naomi Watts lässt sich jedenfalls nicht vorwerfen, in ihrer Darstellung als Diana versagt zu haben. Sie ist hinsichtlich der Körpersprache und auch ihres Akzents brillant, anfangs einsam und unglücklich als verlassene Ehefrau und Mutter, die eingesperrt in ihrem Goldenen Käfig plötzlich nicht mehr so recht weiß, welche Rolle sie nun eigentlich spielen soll. Erst als sie Hasnat Khan (Naveen Andrews) begegnet, beginnt sie wieder aufzublühen, durchaus gewahr der Konsequenzen, welche das Bekanntwerden dieser märchenhaft eskapistischen Beziehung für sie und ihn bedeuten würden. Dass Lady Di auch ohne einen neuen Mann an ihrer Seite stets im Visier von Presse und Paparazzis gewesen ist, ist einer der Aspekte, die Oliver Hirschbiegel in seinem Zweijahresrückblick hervorhebt und in immer wieder unterschiedlichen Szenen – egal ob daheim in London oder in ihrem Engagement für Minenopfer in Krisengebieten rund um den Globus – zuspitzt und in visuell ansprechenden Bildern deutlich macht.
So diskret sich das Paar in dieser durchaus knisternden Beziehung bewegt (immerhin schaut man ja einer Prinzessin dabei zu, wie sie sich in einen Mann des Volkes verliebt), so diskret bleibt Oliver Hirschbiegel in der Darstellung des Königshauses. Die Royal Family muss in seinem Film draußen bleiben, sie würde von der Liebesgeschichte, um die es ihm ging, ohnehin nur ablenken. Allenfalls über Zeitungsschlagzeilen oder Fernsehkommentare bekommt man aber trotzdem ein Bild davon, wie im Buckingham Palace der Lauf der Dinge wahrgenommen wurde. Immerhin eine kleine Szene zeigt Prinzessin Diana mit ihren Prinzensöhnen.
Manchem Betrachter mag diese Sichtweise zu einseitig sein, umgekehrt scheint dieser eingeschränkte Ansatz insofern nachvollziehbar, als die Quellenlage eben doch nicht so umfassend gewesen ist, wie sich die Produktion dies von diesem staatstragenden und weltöffentlichen Schicksal sicherlich gewünscht haben mag. Zu spüren ist die Unnahbarkeit der beteiligten Figuren aber auch darüber, dass Dialoge oft zeichenhaft bleiben, im Fall von Dodo Fayed (Dianas Affäre, deretwegen sie auch in Paris weilte) kommt dem Jet-Set-Millionär noch nicht einmal ein zusammenhängender Satz über die Lippen.
Haften bleibt hingegen jener Vergleich von Hasnat Khan, der zu Diana einmal sagt: „Nicht du leitest díe Operation, die Operation leitet dich.“ Was ja letztlich auch bedeuten kann: nicht man selbst entscheidet über sein Schicksal, sondern es kommt eben, wie es kommt. Auch wenn letztlich das Ende der Geschichte bekannt ist, so bleibt doch spannend, wie sich die Dinge in dieser Lovestory verhalten und entwickeln. Über die genauen Umstände des Tunnelunfalls unter der Place de l’Alma freilich darf ebenso weiter gerätselt werden wie die Frage, mit wieviel Phantasie Hirschbiegels sich im Glanz einer bis heute angehimmelten Ikone sonnender Film letztlich geschmückt wurde.
Thomas Volkmann
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