Originaltitel: Great Expectations
UK 2011/2012
Regie: Mike Newell
Drehbuch: David Nicholls
Darsteller: Jeremy Irvine, Ralph Fiennes, Helena Bonham Carter, Holliday Grainger, Robbie Coltrane, Ewen Bremner, Sally Hawkins
Länge: 128 Minuten
Charles Dickens und seine Werke gehören im englischen Sprachraum zu den absoluten Klassikern. In Deutschland ist der große Moralist mit seiner unbeirrbaren Menschenliebe weniger bekannt. Vollkommen zu Unrecht! „Great Expectations“ – „Große Erwartungen“ ist einer seiner reifsten, schönsten und spannendsten Romane. Der Ausdruck „Verfilmung“ würde hier beinahe abwertend wirken. Also: Dieses wunderbar humorvolle, weise und spannende Werk wird nun kongenial im Kino präsentiert, als bildgewaltiges und ästhetisch beeindruckendes Panorama einer Epoche und als zeitloses Drama um Armut und Reichtum, Aufstieg und Absturz, Anstand und Skrupellosigkeit.
Unvergesslich auch Ralph Fiennes, der den Magwitch spielt: ein geläuterter Verbrecher, der seine Schuld wiedergutmachen will. Ohne Schnickschnack, allein mit der Ausdruckskraft seiner wunderbaren Stimme schafft Fiennes eine Atmosphäre tiefster Melancholie, in der ein Hauch von Hoffnung über der Tragik weht. Der junge Jeremy Irvine zeigt als Pip die beherzte Darstellung eines jungen Mannes zwischen Lebenslust und Lebensfrust: einer, der sich für klug hält und eigentlich ein Trottel ist, aber – ganz im Sinne von Charles Dickens – lernwillig und deshalb fähig zum Glück. Holliday Grainger spielt Estella als wunderhübsche, zarte Grazie, die unter ihrer Unfähigkeit zu lieben leidet, was natürlich ein ganz gutes Zeichen ist dafür, dass sie eines Tages ihre Gefühle entdeckt. Und so kommt es dann auch, allerdings sehr unerwartet, sehr romantisch, dennoch nicht gefühlsduselig – und darum besonders schön.
Gaby Sikorski
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