Dänemark 2011
Regie: Nikolaj Arcel
Buch: Rasmus Heisterberg, Nikolaj Arcel
Darsteller: Mads Mikkelsen, Alicia Vikander, Mikkel Boe Folsgaard, Trine Dyrholm, David Dencik
Länge: 137 Minuten
Für einige Zeit war ein deutscher Arzt im späten 18. Jahrhundert der inoffizielle Regent Dänemarks. Um diese erstaunliche Tatsache, die in Dänemark jedes Schulkind lernt, außerhalb des Landes aber kaum bekannt ist, strickt das schwelgerische Historienepos „Die Königin und der Leibarzt“ seine vielschichtige Geschichte. Ganz der Struktur klassischer Romane folgend, beginnt die Erzählung einige Jahre nach den verhängnisvollen Ereignissen, die die englische Prinzessin Caroline (Alicia Vikander) ins Exil brachten, wo sie nun auf ihr Leben zurückblickt und ihre Geschichte erzählt. Als 15jährige heiratete sie 1766 ihren Cousin Christian VII (Mikkel Boe Folsgaard), den König Dänemarks. Bald wurde ein Thronfolger geboren, danach bestand die Ehe wohl in erster Linie auf dem Papier, zumal Christian zumindest leicht wunderlich, wenn nicht gar geisteskrank war.
Bei einer Reise durch Europa traf der König in der damals zu Dänemark gehörenden deutschen Provinz Altona auf den Arzt Johann Friedrich Struensee (Mads Mikkelsen), der zunächst sein Leibarzt, später sein Freund und Berater wurde. Und mit Struensee halten die Gedanken der Aufklärung Einzug in den streng konservativen Palast. Zunehmend bringt Struensee den König dazu, die Rechte der Bürger zu vergrößern, Impfungen werden eingeführt, die Sanitäranlagen verbessert, die Meinungs- und Pressefreiheit eingeführt. Doch um all diese Errungenschaften zu finanzieren müssen die Bezüge der zahllosen Würdenträger, Adeliger und anderer Hof-Schmarotzer verringert werden. Was denen naturgemäß wenig passt. Und da Struensee nicht nur ein Mann der Aufklärung ist, sondern auch noch eine Affäre mit der vereinsamten Königin begonnen hat, haben seine Feinde viel Munition, um sich gegen Struensee zu rüsten.
Trotz des historischen Themas ist dem jungen Regisseur Nikolaj Arcel ein sehr moderner Film gelungen. Arcel, der der dänischen Nach-Dogma Generation entstammt, die sich bewusst vom rigorosen Minimalismus abgrenzt, den die Dogma-Begründer zumindest teilweise inhaltlich wie formal befolgten, filmt das Dänemark des 18. Jahrhunderts wie eine Welt von heute. Die prunkvolle Ausstattung und Kostüme treten so in den Hintergrund, während die eigentliche Essenz der Geschichte, die Emotionen, die Intrigen, die Politik, in den Vordergrund gestellt werden. Vor allem das macht „Die Königin und der Leibarzt“ zu einem packenden Historiendrama.
Michael Meyns
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